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Radfahren

185er mit dem Rennrad

Dass es lang werden würde, war klar. Dass die Strecke von Königsdorf nach Kaufbeuren mit dem Rad so schön abwechslungsreich sein kann, war etwas Neues. Dass die Menschheit kurz davor ist, dem Autowahn auch noch die letzten zauberhaften Ecken zu opfern, leider nicht…

Krach, die Tür fällt in’s Schloß. Kein zurück. Heute durch die Berge ins Allgäu zu radeln – eine sehr spontane Entscheidung.

Über die alte Tölzer Straße geht’s nach Tölz, dann via Arzbach nach Lenggries. Seltsame Windverhältnisse, um die Null Grad. Hoffentlich bleibt das nicht so, denn die Füße sind bereits nach 10k tiefgefroren.

Nach Wegscheid dann Schnee auf der Fahrbahn. Die Jachenau eingehüllt in Sonnenstrahlen und Wasserdampf. Langsam wird’s wärmer.

Am Walchensee nach 45 Kilometern ein erstes Päuschen. Angler sind die einzigen, die diesen frostigen Ostersamstag für einen Ausflug an den See nutzen. Ansonsten freie Fahrt auf der Mautstraße.

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Ich radle weiter über Einsiedl auf den Radweg nach Wallgau und kürze ab Richtung Klais. Wahnsinnsverkehr auf der B2. Bettenwechsel macht sich bemerkbar. Mühsam reihe ich mich ein, um mich herum schwer beladene Familiengefährte mit Berliner, Essener und Dortmunder Kennzeichen.

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Zügig geht’s runter nach Partenkirchen, das ich über gewundene Wege links liegen lasse. Nach Farchant dann die Ernüchterung. Mit dem Rennrad müsste man, um auf Teer nach Oberau zu kommen, durch den Gegenverkehr für kurze Zeit auf die B2 einfädeln. Bei der Blechkolonne ein Ding des Unmöglichen. Ich fahre kurz Retour um mir eine Alternative zu suchen.

Schließlich geht’s auf Schotter an der Loisach entlang. Dabei traumhaften Pausenplatz entdeckt mit Blick auf den Wetterstein. Kurze Verschnaufpause mit Cranberries und Schoki.

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Schließlich geht’s zügig rauf nach Ettal und gleich weiter ins Graswangtal nach Linderhof. Die Hoffnung, hinter dem Königssschloss möge sich die Autoflut ein wenig dezimieren, zerschlägt sich schnell. Vor allem die fetten SUVs machen einem als Radler auf der schmalen Bergstraße zu schaffen. Ein unangenehmes Gefühl, wenn ein mehr als zwei Tonnen schweres Ungetüm überholt, während parallel noch Gegenverkehr unterwegs ist.

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Dafür ist die Aussicht auf Kreuzspitze und Geierköpfe um so atemberaubender….das hat heute durch den Neuschnee eine zentralalpine Optik.

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Kurz hinter dem höchsten Punkt der Strecke, dem rund 1120 Meter hohen Ammersattel, mache ich nach 120 km eine Mittagspause und lasse die Blechlawine an mir vorbeirauschen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass hier noch vor zehn Jahren deutlich weniger los war.

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Dann geht es hinab über den Plansee nach Reutte. Ich kehre im Eurospar-Café ein und gönne mir eine schön salzige Bruschetta. Eine Flüchtlingsgruppe betritt den Laden und wünscht der Verkäuferin „Frohe Weihnachten“.

Schließlich geht’s via Pinswang Richtung Bayern. Ich bestaune den Lechfall und versuche, das gnadenlos überlaufene Füssen durch die Fußgängerzone zu durchqueren. Vergeblich.

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Über einen etwas chaotischen Hinterhof-Weg inklusive Geländeeinlage erreiche ich schließlich den schnellen Bahntrassen-Radweg und flitze an Stötten vorbei nach Kaufbeuren. Gegen Ende fühlt sich die Tour so richtig nach Frühling an!!

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Fazit:

Tolle Strecke mit mehr als 185km und immerhin 1500 Höhenmetern. Leider ist mir an diesem Ostersamstag erneut klar geworden, dass wohl nur wenige das Auto auch mal bewusst stehen lassen. Eine schmerzhafte Erkenntnis – denn das Ergebnis ist, dass „schwache“ Verkehrsteilnehmer wie Radfahrer und Fußgänger immer mehr an den Rand gedrängt werden. Klar, jeder will Spaß haben an Ostern. Dass man dafür aber nicht zwangsweise durch die halbe Weltgeschichte kutschieren muss…naja, anderes Thema.

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Einige autofahrende Zeitgenossen scheinen zudem nicht ganz zu verstehen, was ein Miteinander mit Radfahrern auf der Straße bedeutet. Frustrierend ist auch der (subjektiv) immer höhere Anteil an SUVs, raumverschlingenden Minibussen und Vans, die für schmale alpine Straßen denkbar ungeeignet sind. Wie haben das eigentlich unsere Eltern damals gemacht?!

Zwei Tage später ging’s dann eine etwas direktere Route über Ammer- und Starnberger See wieder zurück – immerhin nochmal gute 100 Kilometer.

Hier geht’s zum GPS-Track:
https://connect.garmin.com/modern/activity/1099669745

Und die Rückroute :
https://connect.garmin.com/modern/activity/1102165590

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