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Großvenediger und Co.: Tourentage auf der Johannishütte

Eine stabile Hochdrucklage ermöglicht uns Ende März 2011 ein paar traumhafte Tourentage auf der Johannishütte in Osttirol. Klares Highlight war die Besteigung des Großvenedigers, doch auch die anderen Touren hatten es in sich!

  1. Tag: Hüttenaufstieg

April 2010. Schneemangel allerorten. Trotzdem: Geplant ist geplant, unsere Tourentage in den Hohen Tauern stehen felsenfest im Kalender. Bei der Anfahrt über Bayrischzell, Kufstein, Kitzbühel, Mittersill und Felbertauern machen wir große Augen, denn viel Schnee ist tatsächlich nicht mehr zu sehen. Doch siehe da – im hintersten Virgental angekommen, beginnt der Schnee fast am Parkplatz oberhalb von Hinterbichl. Keine schlechten Voraussetzungen, um schon den Hüttenanstieg genießen zu können!

Wir passieren den ein oder anderen festgepackten Lawinenkegel, fluchen ein wenig bei steileren und abgefahrenen Querungen und machen schließlich beim Marfer Alble eine Pause. Ein letzter steilerer Aufschwung, und schon liegt die Johannishütte vor uns. Wieder mal ein neues schönes Eck in den Tauern kennenlernen!

Bei einem Blick auf die Hänge rundum wird deutlich, dass der Wind in den letzten Tagen und Wochen ganze Arbeit geleistet hat. Freigeblasene Flanken, apere Stellen, beinhart gefrorene Abschnitte. Wir werden ja sehen, wie sich das auf die Touren in den nächsten Tagen so auswirkt. Nach einem schönen Abendessen hauen wir uns in die Kojen. Wir haben ein komplettes Lager ganz für uns!

2. Tag: Kreuzspitze

Als Auftakt wählen wir mit der 3155 Meter hohen Kreuzspitze einen „kleineren“ Eingehberg. Kurz geht es talauswärts, dann nehmen wir die abwechslungsreichen Osthänge des oberen Dorfer Tals in Angriff. Diese sind nicht immer einfach zu spuren, denn zwischendrin macht sich schon auch mal der Schneemangel bemerkbar und wir kratzen auf verschiedenerlei Untergrund herum…

Nach gut 1,5 Stunden neigt sich das Gelände zurück, und wir erreichen ein paar aufeinanderfolgende und besser zu spurende Wannen. Sogar Powder ist hie und da noch zu finden. Schließlich peilen wir in einem Rechtsbogen die Tulpscharte an.

Dort angekommen, verwerfen wir den Plan, auch noch die Zopatspitz als zweiten Gipfel zu machen. Als kleiner Abstecher ist uns ihr Südgrat schlicht zu lang, die Kreuzspitze erscheint uns als der attraktivere Gipfel. Zudem unterlassen wir den Versuch, mit den Ski noch weiter Richtung Gipfel zu steigen. Zu abweisend schaut der teils überwächtete Grat aus, der in steiles Schrofengelände mündet. Also geht es zu Fuß weiter.

Die leichte Kraxelei hinauf zum Gipfel macht Spaß und ist abwechslungsreich. Ein Schneeaufschwung hier, eine felsigere Stelle da, dann die Steilflanke am Ende: Wir genießen die Bergsteigerei in vollen Zügen. Oben angekommen, staunen wir angesichts der umfassenden Rundumsicht mit dem alles dominierenden Großvenediger. Zudem sind wir heute die einzigen, die von der Johannishütte den Gipfel angehen – erst später sehen wir jemanden nachkommen.

Die Abfahrt wird schließlich besser als erwartet. Oben nehmen wir noch die ein- oder andere Tiefschneewanne mit, später finden wir ganz gute Durchschlüpfe zwischen Felsen und fast aperen Flecken. Schöner Auftakt!

  1. Tag Kristallwand

Kristallwand – allein schon dieser Name! Als Generalprobe für den Großvenediger ein idealer Berg. Mit ihren gut 1200 Höhenmetern bleiben die konditionellen Herausforderungen im Rahmen, die Aufstiegsroute und der finale Gipfelaufstieg sind vom Feinsten. Wenn auch am Ende brettleben.

Zunächst wenden wir uns nach der Hütte nach halbrechts, durchschreiten ein kleines Bachtal, das von den vielen Abfahrern schon wie eine Halfpipe ausgefräst wurde, und kommen schließlich in ein breiteres Hochtal und Gletschervorfeld, wo im Sommer ein hübscher Bach mäandern dürfte. Heute sind hingegen nur große, schneebedeckte Felsblöcke zu sehen, über die der Wind pfeift….

Nach einer Pause gehen wir in einem großen Bogen auf das Zettalunitzkees zu, umgehen den steileren Teil des Gletschers, an dem sich ein paar Spalten zeigen, auf der Ostseite und kommen schließlich mit ein paar Spitzkehren am Rande eines beeindruckenden Gletscherplateaus an, aus dessen nordöstlichen Ende die Kristallwand wie ein gewaltiger Schiffsbug herausragt. Angesichts der Szenerie wähnen wir uns fast in der Antarktis, queren die windumtoste Ebene und deponieren schließlich auf rund 3200 Metern unsere Ski. Ab hier wird es etwas arg felsig, und wir wollen unseren Belägen nicht zu viel zumuten. Ein paar kurze Kehren und ein harmloser Stapfgrat leiten auf den heute einsamen Gipfel der Kristallwand. Wieder haben wir eine tolle Gipfelschau, diesmal inklusive Großglockner und Konsorten!

Auf dem Rückweg über das Plateau lassen wir die Felle zunächst an Splitboard und Skiern und bauen erst um, als es auch steil genug zum Abfahren wird. Sastrugis machen den ersten Teil zu einem Hasardeurspiel, dann aber, im schattigen Bereich des Gletschers, lassen wir es richtig schön pulvern. Nach dem wieder etwas flacheren Gletschervorfeld steigt der Spaßfaktor in den „Halfpipes“ wieder ins Unermessliche. Am Ende des Rinnensystems werden wir schließlich direkt hinter der Johannishütte ausgespuckt. Zeit für ein Bier und für Erholung in der Sonne!

  1. Tag: Der Große

Heute geht es auf den Großvenediger! Frohen Mutes verlassen wir bereits um kurz nach Sieben die Johannishütte, um den langen Weg zur „weltalten Majestät“ unter die Felle zu nehmen. Das Wetter könnte besser nicht sein. Zunächst gilt es jedoch, das auf knapp 3000 Meter Höhe thronende Defreggerhaus zu erreichen. Keine leichte Aufgabe bei dem wechselhaften Schnee, die wir aber in einer ansehnlichen Zeit meistern. Die letzten steilen Kehren unter dem Haus sind bockhart gefroren und abgeschabt, und so gönnen wir uns eine kleine Erholungspause oben beim Haus.

Wenige Höhenmeter später stehen wir mit einigen anderen auf dem Mullwitz Aderl und blicken auf die Gletscherwelt des Inneren Mullwitzkees. Aufgrund der schwierigen Schneelage zögern wir nicht lange und seilen an. Nun geht es in recht angenehmem Tempo höher und höher hinauf, Spitzkehre folgt auf Spitzkehre. Schließlich wird es flacher und wir betreten die weite Senke zwischen Rainertörl und Venedigerscharte. Einige finale Spitzkehren durch steileres Gelände folgen, und bald stehen wir am Gipfelgrat des Großvenedigers. Noch steht das Kreuz mit seinem Holzgestell auf dem abschmelzenden Firn (im nachfolgenden Sommer wird es übrigens umfallen), und wir machen einige Gipfelbilder. Ein durchaus erhebendes Gefühl, auf einem der höchsten Österreicher zu stehen!

Die Abfahrt wird, um es so zu formulieren, schwierig und durchwachsen. Sind die ersten 150 Höhenmeter noch recht angenehm, machen Sastrugis das Abfahren im Bereich des Rainertörls fast unmöglich. Wir sind froh, als wir in der leicht angefirnten Flanke Richtung Defreggerhaus wieder fahrbarere Verhältnisse vorfinden. Ich als Splitboarder muss kurz abschnallen, um wieder hinauf auf die unscheinbare Einschartung auf dem Aderl zu kommen, dann lassen wir es in bestem Frühnachmittagsfirn hinab zur Johannishütte krachen. Unsere erste Winterbesteigung des Venedigers war eine wunderbare Tour, die wir bei einer gepflegten Halben ausklingen lassen!

  1. Tag: Verlust und Abfahrt

Am Abend verderben wir uns an irgendwas den Magen (keine Kritik an der Küche der Johannishütte, denn diese ist hervorragend!). Ingo hängt dermaßen in den Seilen, dass er am folgenden Tag gar nichts mehr machen will. Gunther und ich gehen immerhin noch einmal kurz die 670 Höhenmeter hinauf zum Türmljoch. Leider versenke ich bei der Abfahrt meine Kamera auf Nimmerwiedersehen im Tiefschnee. Juhuu, bereits das zweite Malheur dieser Art! Zum Glück war es „nur“ eine 170 Euro-Pocket-Olympus. Trotzdem ärgerlich……deshalb auch an dieser Stelle Herzlichen Dank an Ingo, der mir seine Bilder für diesen Blogbeitrag zur Verfügung gestellt hat!!!!

Technische Daten:

Ausgangspunkt: Parkplatz am Wiesenkreuz (ca. 1490m) oberhalb von Hinterbichl im Virgental, Osttirol

Touren: Kreuzspitze (3164m), Kristallwand (3329m ), Großvenediger, (3666m), Türmljoch (2790m)

Unterkunft: Johannishütte (2121m): johannis-huette.at

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