Gipfelbiwak auf dem Hochmiesing
Der Hochmiesing bei Bayrischzell eignet sich aufgrund der isolierten, aussichtsreichen Lage und des flachen Gipfelaufbaus perfekt als Biwakplatz. Nachdem ich bei der Premiere vor zwei Jahren alleine unterwegs war, ging es dieses Mal mit meinem Bruder bei zauberhafter Hochnebelstimmung auf den 1883 Meter hohen Voralpenberg.
Ein freitäglicher Feierabend der besonderen Art. Heute mal nicht Sofa und häuslicher Komfort, sondern Biwaksack und Schlafsack auf dem Hochmiesing. Entsprechend groß ist die Vorfreude, denn als alter Pfadfinder muss man dem Ruf der Wildnis ab und zu folgen, damit die zivilisatorische Prägung nicht Überhand nimmt…
Los geht’s mit dem MTB im völlig vernebelten, stockfinsteren Geitau. Unsere Lampen schneiden helle Kegel in’s graue Nichts, zum Glück kenne ich das Eck inzwischen ganz gut und wir finden den Weg, ohne einmal auf die Karte zu schauen. Allein Waldarbeiten inklusiver querliegender Bäume sorgen für Verwirrung.
Der Fahrweg windet sich durch den steilen Hangwald, wir sind schnell am Anschlag. Nach einigen knackig steilen Rampen klart es schließlich auf. Ab 1300 Meter Seehöhe sind erste Sterne zu erkennen, dann „geht der Mond auf“. Was für eine Optik!!! Bei dem Ausblick, der sich Richtung Wendelstein öffnet, bleibt uns die Luft weg. Wie ein gigantisches Schiff mit Beibooten liegen Wendelstein und Trabanten im Hochnebelmeer, darüber der unendlich weite Sternenhimmel und der Mond. Doch zum Schauen und Staunen bleibt wenig Zeit, der Weg hinauf in den Kessel unter der Rotwand verlangt weiterhin nach koordinierter Haxnkraft und außerdem wollen wir zügig auf den Gipfel.
Um viertel vor neun kommen wir an der Kleintiefentalalm an und starten bzw. schieben gleich durch zum Miesingsattel, wo wir die Radln hinter ein paar Latschen verstecken. Nun sind es nur noch knapp 200 Höhenmeter einen harmlosen Latschensteig hinauf zum Gipfel, den wir exakt zwei Stunden nach dem Aufbruch in Geitau erreichen. Dort stehen erstmal und staunen erneut l- der Ausblick ist einfach zauberhaft. Man kommt sich vor wie in einem Paralleluniversum…das Flachland versinkt in der Suppe, um uns nur die herausspitzenden Berge. Nach etlichen Fotos und Momenten echter Rührung bequemen wir uns schließlich gegen 22 Uhr in unsere Biwaksäcke und verbringen eine etwas windige, aber trotzdem geruhsame Nacht unter dem Sternenhimmel.
Um 5:30 Uhr schrecke ich hoch. Direkt neben meinem Ohr hat etwas geraschelt! Im Dämmerlich erkenne ich gerade noch, wie ein Fuchs im flauschigen Winterfell unser „Frühstück“, einen Mohnkuchen, wegzerrt und zwischen den Latschen verschwindet. So ein Gauner! Ich renne ihm noch strumpfsockert hinterher, doch Fuchs und Kuchen sind schon im Latschendickicht verschwunden….Zefix!
So fällt unser Frühstück etwas karg aus – immerhin haben wir genug Riegel, ein kleines Müsli und Instant-Kaffee dabei. Und dann noch der Sonnenaufgang, der für alles entschädigt. Die Sonne steigt hinter dem Kaiser empor, taucht die Bergwelt in herbstlich gedämpftes Morgenlicht. Wir stehen einfach nur mit dampfender Kaffeetasse am Gipfelkreuz und lassen uns von den Sonnenstrahlen berauschen..
Gegen viertel nach sieben nehmen wir schon wieder Abschied vom Miesinggipfel, steigen hinunter zu den Rädern und, weil wir so hochmotiviert sind, in hurtigen 20 Minuten auf der anderen Seite wieder hinauf auf den Rotwandgipfel, den wir ebenfalls ganz für uns alleine haben. Kurz in die Runde geschaut, und schon geht es den anregend steilen „Kriegersteig“ wieder zurück zu den Rädern und die Ostseite des Miesingsattels hinab zur Großtiefentalalm.
Die folgende Abfahrt lässt sich durchaus unter dem Überbegriff „rasant“ zusammenfassen. Am Soinsee schießen wir noch ein paar Fotos, unterhalten uns an einer Alm kurz mit dem Senn, weichen ersten Wanderern und Mountainbikern aus und erreichen durch morgendlich eingenebelten Wald um kurz nach neun Uhr morgens wieder unseren Ausgangspunkt in Geitau. Fazit: Mit unbedingtem Wiederholungscharakter!