Demeljoch-Trailrun
Mächtig steht es im Vorkarwendel da: das Demeljoch. Es beherrscht den Blick in’s Isartal, wenn man von Tölz Richtung Süden blickt. Nach zahllosen Besteigungen im Sommer und Winter habe ich mich an einer läuferischen Bewältigung des 1924 Meter hohen Berges versucht.
Wanderparkplatz bei Fall, 16.12.2014, kurz vor sechs Uhr morgens. Wechselklamotten, Schokoriegel und Wasser sind im Laufrucksack verstaut. Der Mond versucht sich durch dichten Nebel zu bohren. Ich knipse die Stirnlampe an. Meine Muskeln sind sowas von bereit, der Adrenalinspiegel steigt, also nichts wie los!
Die geteerte Straße hinter in’s Bächental ist sakrisch glatt. Ich laufe zum Teil im Schotterbett, um nicht der Länge nach hinzuklatschen. Es ist halt doch Winter, der mehr als enttäuschenden Schneelage zum Trotz. Glitzernde Tieraugen glotzen mich aus den Tiefen des Waldes an. Es blinkt und wuselt und gruselt. Ein wenig.
Ich bin heute spontan unterwegs und entscheide mich nach einigem Überlegen für den kehrenreichen Aufstieg/lauf über Spitzhäusl und Dürrnbergjoch. Etwa 300 Meter nach der neu errichteten (oder renovierten?) Dürrachbrücke geht es steil links hinauf. „Demeljoch 5h“ vermeldet der Wegweiser. Na, wir werden sehen.
Kehre reiht sich an Kehre, an Kehre, an Kehre. Brav schneidet meine Stirnlampe einen hellen Kegel in den dunklen Bergwald. Eine lange Querung leitet in ein Bachtal, auf einer Lichtung liegt erster zaghafter Schnee. Der Mond hat sich inzwischen ein dickes Nebelkleid angezogen. Schade! Schließlich, kurz vor der Spitzhütte, gönne ich mir ein erstes Päuschen. Ich bin jetzt eine gute halbe Stunde unterwegs. 800 Höhenmeter sind bereits vernichtet, dem effektiven Weg sei Dank!
Einmal tief durchgeatmet, und es kann weiter gehen – äh, laufen natürlich. Ich will nicht auskühlen, daher ist Eile angesagt. Schließlich habe ich nur eine Garnitur Wechselklamotten dabei. Die Schneeauflage wird zwar etwas besser, ist aber immer noch nicht der Rede wert. Nach zehn Laufminuten komme ich an der Abzweigung des Weges zum Hühnerberg/Walchenklamm vorbei und verschwinde im Latschendickicht Richtung Dürrnbergjoch-Gipfel. An Laufen ist hier kurzzeitig nicht zu denken, zu glitschig sind die Steine, zu hohe Stufen. Wenigstens fängt es zu dämmern und zu schneien an. So habe ich mir das vorgestellt, da isser endlich, der Winter!
Ich überlaufe das Dürrnbergjoch, schemenhaft schält sich das Demeljoch im Osten aus Wolken, Schneetreiben und Nebel. Eine beeindruckende, einsame und irgendwie sagenhafte Wetterwaschküchenstimmung ist das hier oben. Der Pfad hinüber zum Demeljoch ist wunderbar flüssig zu laufen, meine fast noch neuen Brooks Pure Grit 3 beißen sich in den hart verbackenen Schnee, dass es eine Freude ist. Bald bin ich an der Abzweigung des Wegs zur Zotenalm angelangt und schnaufe die letzten Höhenmeter hinauf zum Gipfel des Demeljochs. Mein GPS zeigt eine Netto-Laufzeit von knapp 1 Stunde 10 Minuten ab Fall an. Mit Pause vor der Spitzhütte und Empfangsproblemen habe ich geschätzt 10-15 Minuten länger gebraucht.
Ich inhaliere einen Mars-Riegel, trinke eine Halbe Apfelschorle, genieße die nun doch recht winterliche Stimmung und entschließe mich, über Zotenalm Richtung Rotwandwalm zu laufen, um auch noch dem Juifen einen Besuch abzustatten. Steil leitet mich der Weg hinab zum etwas mehr als 1600 Meter hoch gelegenen Zotenalm Hochleger. Es hat zu schneien aufgehört, dafür nieselt es. Ich halte mich nicht lange auf, renne den zu Beginn undeutlichen und dann stärker ausgeprägten Pfad hinab zum Fahrweg Richtung Baieralm und schraube mich langsam hinauf zur Rotwandalm. Der Juifen reckt seine abgestufte Westflanke in den wolkenverhangenen Himmel, der Schneeregen nimmt zu. An der 1525 Meter hoch gelegenen Alm entscheide ich mich angesichts der Nässe recht schnell, den guten alten Juifen heute sausen zu lassen und über Pitzbach- und Hühnersbach wieder zurück nach Fall zu laufen.
Ich quere Richtung Zotenjoch, um den Einstieg in das kleine, wilde und von steilen Felsabbrüchen umrahmte Pitzbachtal zu finden. Das kleine Hochmoor, das den Talschluß markiert, zeigt sich heute noch menschenverlassener, als es sonst schon ist. Doch siehe da: Am Vortag war hier wohl der Jäger samt Hund unterwegs. Ich bin irgendwie froh, dass wir uns nicht begegnen. Er wäre wohl nicht sehr begeistert, hier einen bunt gekleideten Läufer zu erblicken. Weiter unten haben viele Kühe mit noch mehr Hufen unzählige schnee- und schlammgefüllte Trichter hinterlassen. Ein läuferischer Balanceakt!
Schließlich erreiche ich den Fahrweg hinaus Richtung (ehemaliger) Hagenwirt, der von zahlreichen Windbrüchen „verziert“ ist. Der Wald hat hier oben wohl doch mehr abbekommen als im Voralpenland spürbar war. Bald erreiche ich die Abzweigung des steilen Karrenwegs hinab in’s Hühnersbachtal. Das GPS nähert sich bereits langsam der 20km-Marke. Wie weit wird es heute noch werden?
Ich laufe den gut bekannten Fahrweg hinaus Richtung Walchen, zirkle den Pfad hinab zur Klamm, schieße noch ein Foto und mache mich an die glitschige Querung des Hühnersbaches. Auf der anderen Seite geht es weglos steil hinauf, und auf einem völlig zugewachsenen Fahrweg erreiche ich die „Via Bavaria Tyrolensis“ und damit meinen Rückroute zum Ausgangspunkt. Die mit Hinweisschildern wie „Achtung, steiles Gefälle“ gespickte Fahrstraße leitet mich hinter dem Jägerbergl vorbei und über die gigantisch hohe Brücke über den Schürpfengraben zurück Richtung Fall.
Gut 4 1/4h sind verstrichen, als ich wieder am Ausgangspunkt anlange. Die reine Laufzeit beträgt 3 Stunden und 10 Minuten. Ich schätze, dass mir durch Empfangsprobleme rund 15 Minuten unterschlagen wurden. Der Pace von 7min15sec/km geht angesichts des zackigen Profils und der mitunter anspruchsvollen und rauhen Route völlig in Ordnung. Fazit: Ich werde (mit Laufschuhen) wiederkommen!
Link zum GPS-Track: http://connect.garmin.com/modern/activity/652273377
Technische Daten:
- Ausgangshöhe (Fall): 782 Meter
- Gipfelhöhe Dürrnbergjoch: 1835 Meter
- Gipfelhöhe Demeljoch: 1924 Meter
- Gesamt-Höhenmeter: 1673
- Gesamtstrecke: 26,26 km
hühnerbachstal! das sieht ja eindrucksvoll aus 🙂
und ich bin auch immer wieder beeindruckt wie man so lange/ so weit „laufen“ kann
Danke! Ja, bei der nebligen Stimmung sieht vieles spektakulärer und ein wenig bedrohlicher aus…etwas mehr Schnee hätte es aber schon sein dürfen! 🙂